Kha­led Hoss­ei­ni: Drachenläufer

Klap­pen­text

Afgha­ni­stan 1975: ein Land im Schat­ten der Geschich­te. In Kabul wächst der zwölf­jäh­ri­ge Amir auf, der unbe­dingt einen Wett­be­werb im Dra­chen­stei­gen gewin­nen will, um sei­nem Vater sei­ne Stär­ke zu bewei­sen. Dazu braucht er die Hil­fe sei­nes Freun­des Hassan. Hassans Vater ist der Die­ner von Amirs Vater. Trotz ihrer unter­schied­li­chen Her­kunft ver­bin­det die bei­den Jun­gen eine inni­ge Freund­schaft, die allen Her­aus­for­de­run­gen aus der Nach­bar­schaft stand­hält. Bis am Ende des erfolg­rei­chen Wett­kampfs die­se Freund­schaft von Amir auf schreck­li­che Wei­se ver­ra­ten wird. Die­se Tat ver­än­dert das Leben bei­der dra­ma­tisch, ihre Wege tren­nen sich, wäh­rend das Land gleich­zei­tig sei­ner Zer­stö­rung ent­ge­gen­geht. Vie­le Jah­re spä­ter kehrt der erwach­se­ne Amir aus dem Aus­land in sei­ne Hei­mat­stadt Kabul zurück, um sei­ne Schuld zu tilgen.

Afgha­ni­stan, Kabul, Hin­du­kusch, Tali­ban: alles Namen, die man schon mal gehört hat, und zwar im Kon­text „Krieg“. Dra­chen­läu­fer spielt genau in die­ser Gegend, doch wäh­rend sich die Welt­öf­fent­lich­keit den poli­ti­schen Macht­ver­hält­nis­sen wid­met, spielt Dra­chen­läu­fer in der Kind­heit des Prot­ago­nis­ten Amir. Die Erzäh­lung zeigt dem Leser Afgha­ni­stan durch ganz ande­re Augen, als es die Medi­en machen, und zwar durch die eines 12-Jährigen. Die­se Exo­tik wird durch den Zeit­un­ter­schied von 40 Jah­ren zu heu­te ein­mal mehr ver­deut­licht und macht auch auf jeden Fall einen Reiz des Buches aus. Auf der ande­ren Sei­te behan­delt der Roman The­men, die uns alle betref­fen, wie Freund­schaft, Schuld und Ver­ge­bung auf höchst dra­ma­ti­sche Art und Wei­se. Man kann das Buch nicht lesen, ohne dass es einem die Nacken­haa­re auf­stellt, da man als Leser der Erzäh­lung ohne Hand­lungs­mög­lich­keit aus­ge­setzt ist. Gera­de die Kom­bi­na­ti­on des Neu­en, Afgha­ni­stan, und Bekann­tem, Freund­schaft, machen die­ses Buch lesens­wert. Der Autor, selbst Afgha­ne, baut in sein Werk immer wie­der afgha­ni­sches Voka­bu­lar ein; so weiß der Leser spä­tes­tens nach der Lek­tü­re etwas mit Begrif­fen wie Naan, Haza­ra und Pasch­tu­nen anzu­fan­gen. Und gera­de der letz­te Punkt hebt die­ses Buch von ande­ren Lek­tü­ren ab, denn als Leser lernt man wirk­lich viel über eine Nati­on, von der man zwar viel hört, aber wenig weiß; Dra­chen­läu­fer lehrt mehr als jedes Geschichtsbuch.

Robert Fin­kous

Ich weiß nicht, liegt es dar­an, dass es der ers­te Roman über Afgha­ni­stan ist, den ich jemals gele­sen habe, oder ist es wegen des ver­deut­li­chen­den und nahe­brin­gen­den Schreib­stils, den Kha­led Hos­si­ni so ein­zig­ar­tig her­über­bringt, aber Dra­chen­läu­fer gehört, seit ich es gele­sen habe zu einem mei­ner abso­lu­ten Lieb­lings­bü­cher. Die Situa­ti­on von Afgha­ni­stan, und wie sie noch vor eini­gen Jah­ren war, wird ein­drucks­voll und mit unglaub­li­cher Genau­ig­keit beschrie­ben. Es wird die Bedeu­tung der Fami­lie, der Hei­mat, und wie es ist, die­se für unse­re Iden­ti­tät so wich­ti­gen Wur­zeln zu ver­lie­ren, ver­deut­licht – wie ein Dra­che, der von sei­ner Schnur getrennt wird! Es wer­den nicht nur äußerst heik­le The­men wie Ter­ror, Gewalt und Ver­rat auf­ge­grif­fen, son­dern auch die Bedeu­tung von Treue, Freund­schaft und Gewis­sen wider­ge­spie­gelt. Der Roman liest sich wie von selbst und erzählt eine der inter­es­san­tes­ten und span­nends­ten Geschich­ten, die ich jemals gehört oder gele­sen habe.

Mark Prinz

Mei­ne Bewer­tung: 8 von 10 Punk­ten. War­um? Dra­chen­läu­fer will mit einer erfun­de­nen Geschich­te auf Miss­stän­de auf­merk­sam machen, die es wirk­lich gege­ben hat, und die­sen Zweck erfüllt der Roman voll und ganz. Außer­dem beinhal­tet die Geschich­te sehr inter­es­san­te Cha­rak­te­re, die man sehr gut ken­nen­lernt und mit denen man star­ke Sym­pa­thie oder Anti­pa­thie ent­wi­ckelt, und außer­dem beinhal­tet sie auch eini­ge Über­ra­schun­gen. Aller­dings zieht sie sich manch­mal ein wenig…

Felix Augus­tin